Heiterwand - Überschreitung und Heiterwand - Südwandsteig

Das gute Wetter ruft Ende August nach etwas anspruchsvolleren Touren. Anstehen vor Abseilstellen kommt nicht in Frage - eine wenig begangene Tour sollte es schon sein. Die Heiterwand-Überschreitung wäre doch was? Uli ist auch dabei.

Die Heiterwand ist ein langes Massiv in den Lechtaler Alpen und verspricht viele Klettermeter in nicht zu schwierigem Gelände. Der Grat ist sehr lang - - über 7,5 km. Bei der Tour klettert man davon ca. 6 km - Luftlinie. In der Regel liegt die Kletterschwierigkeit bei I-II, öfters auch III. Manche Stellen sind auch Gehgelände. Bohrhaken gibt es keine. Normalerweise geht man von der Heiterwandhütte zum Hahntennjoch (von Osten nach Westen). Aufgrund des angesagten Gewitter-Risikos am Sonntag wäre die Tour am Samstag besser. Dann müssen wir aber vom Hahntennjoch aus gehen, was nach unseren Recherchen auch gehen müsste.

Also fahren wir am Freitag abend gemütlich los und sind kurz vor 23 Uhr stressfrei an der Passhöhe.

Heiterwand - Überschreitung - 27.08.2016

Um halb fünf wird aufgestanden und nach kurzem Frühstück schaffen wir es pünktlich um 5 Uhr. Jede/r hat 3 Liter Getränke dabei sowie Essen für den Tag und die Übernachtung in der Heiterwandhütte. Ein Seil, Reepschnüre, Sicherungsmaterial sind auch dabei. Im Dunkeln geht es über den breiten Wanderweg in Richtung Steinjöchle. Am Joch ist es dann schon hell und wir steigen über einen schmalen Steig zum Maldongrat (2544) wo wir noch vor dem Sonnenaufgang ankommen. Gleich geht es weiter in Richtung Gabelspitz.

Auf dem Weg zur Gabelspitz treffen wir Josef Friedl aus Boden, der aus einem sehr netten "Bergauf-Bergab"-Beitrag bekannt ist, und schon vor uns aufgebrochen ist, um mit seiner Tochter auf der Gabelspitz den Sonnenaufgang zu erleben. Josef fragt uns wie weit wir wollen und sagt nur "Da habt ihr noch was vor". Er habe die Überschreitung schon drei mal gemacht.


Uli und Erik auf dem Maldongrat


Gabelspitz im Sonnenaufgang


Blick in die Silvretta

Um sieben Uhr sind wir dann an der Gabelspitz (2581). Ein kleines Stück sind wir schon vorangekommen. Aber der Weg ist noch weit. Hinter der Gabelspitz richten wir eine erste kurze Abseilstelle ein. Im Gratverlauf geht es immer auf und ab. Immer wieder eindrückliche Blicke in die steile Nordwand - aber auch zur Südseite darf man nicht hinunterfallen. Eine Steinbockfamilie leistet uns Gesellschaft und löst etlichen Steinschlag aus. Das ist auch bei uns leider unvermeidlich, das Gelände ist wenig begangen und nicht ausgeputzt.


Uli auf der Gabelspitz


Von der Gabelspitz nach Osten


Blick zurück zur Gabelspitz

Die nächsten Etappen sind die westliche und östliche Steinmannlwand (2523 und 2507). Von der östlichen Steinmannlwand soll es einen Notabstieg ins Kratzerkar geben. Da muss es aber schon schlimm kommen daß man da freiwillig runter geht.


Richtung Steinmannlwand


Steinböcke begleiten uns eine Weile


Am Heiterwandkopf

Um halb elf sind wir dann am Heiterwandkopf (2450) und können den Weg zur westlichen Alpeilspitze (2521) einsehen. Diese überschreitend erreichen wir um 12 Uhr die östliche Alpeilspitze (2552). Hier soll nun die Hälfte der Tour geschafft sein.


Blick von der östlichen Alpeilspitz zur Tarrenzer Scharte


Heiterwandturm und dessen Querung links


An der Tarrentonspitz, Blick nach Westen

Von der östlichen Alpeilspitze kann man nun die Tarrenzer Scharte erkennen. Das Gratstück bis dahin ist nach unserem Gefühl das unangenehmste - Klettern im sehr oft losen Gestein auf der schmalen Gratkante erfordert höchste Aufmerksamkeit. Vor allem die langen Abstiege erfordern Konzentration. Wir merken, daß wir auch schon eine Weile unterwegs sind. So ist an der Tarrenzer Scharte (2396) eine längere Pause angesagt.


Von der Torrentspitz zum Heiterwandegg


Große Kalzitkristalle, leider zu schwer zum Mitnehmen


Immer wieder wildes Gelände

Von der Tarrenzer Scharte steigen wir zum Heiterwandturm auf. Wir klettern die sichtbaren Abseilschlingen an und seilen von der Gratkante ein kurzes Stück in die nordseitige Rinne ab. Man kann sich die Abseilstelle wohl auch sparen wenn man gleich in die Rinne absteigt. In der Rinne und dann über die Flanke geht es unschwierig nordseitig um den Heiterwandturm herum. Von hier ist es noch eine halbe Stunde bis zur Tarrentonspitz wo wir uns leider mangels Stift nicht ins Gipfelbuch (von 1951) eintragen können. So hälts auch länger. Inzwischen ists auch schon 15 Uhr - wir sind aber guter Dinge da der Hauptgipfel in die Nähe gerückt ist.

Aber auch hier dauert es eine gute Weile bis wir den Schlussaufstieg zum Heiterwandegg angehen können. Die 100 Klettermeter im 3er Gelände sind wunderbar. Nur ganz oben (wo es flacher wird) wartet loses Geröll auf uns und wir sind heilfroh daß niemand hinter uns ist. Vom Heiterwandegg (2617) zum Hauptgipfel ist dann kein Problem und um kurz vor 17 Uhr stehen wir dann nach 12 Stunden auf dem Heiterwand-Hauptgipfel (2639).


Schönes Klettern aufs Heiterwandegg


Am Heiterwandegg, Gipfel vor uns


Auf dem Hauptgipfel

Mit einem Gipfelbucheintrag vom gleichen Tag beschwert sich eine Seilschaft über fehlende Bohrhaken im Abstieg vom Heiterwand-Egg. Sie seien deshalb umgedreht - das war sicher auch die beste Entscheidung.

Vom Hauptgipfel aus geht es dann noch 45 Minuten auf dem Grat entlang. Die Schwierigkeiten wollen erst einmal nicht nachlassen. Ein Steinmann weist den Weg in eine grasige Rinne die uns auf das breite Grasband unterhalb des Gipfelaufbaus führt. Die Hütte will nicht so recht näher kommen. Ein wenig Suchen ist noch angesagt und wir finden den Weg der uns durch das untere Schrofengebiet auf die Wiesen und das Tarrenzer Gruebigjöchle führt. Um 18.30 nach 13,5 Stunden sind wir dann an der Hütte wo wir von einer Reutlinger Familiengruppe freundlich empfangen werden.


Hände abgeklettert


Nach dem Hauptgipfel gehts noch ein Stück weiter


Abstiegsrinne

Der Abend ist mit Muskelkater-Streicheln, Wasserholen an der spärlichen Quelle und Abendessen angefüllt. Wir gehen doch recht bald ins Bett, da wir am Sonntag früh aufbrechen wollen um der Hitze des Tages zu entgehen.

Heiterwand - Südwandsteig - 28.08.2016

Wir stehen früh auf und stehen kurz vor 6 Uhr vor der Hütte. Der schmale, jedoch gut markierte Südwandsteig ist auch ohne Stirnlampe gut zu sehen. Der Weg zieht sich immer im steten Auf- und Ab durch die Flanke. Es sind immer wieder Steilrinnen etwas heikel zu queren. Bald ist auch der erste Bach zu queren - wenn wir das gewusst hätten, hätten wir das knappe Wasser an der Hütte gelassen und wären leichter gestartet. Immer wieder ist auch der Gipfelgrat gut einzusehen.

Bald steigen wir über eine Stufe teils drahtseilversichert ins Ziehegg ab. Zuerst im Latschengestrüpp, später auch im Wald geht es sehr schön hinunter. Am tiefsten Punkt (ca. 1550) queren wir einen tollen Bach, der zum Waschen einlädt. Wieder über Latschen und Wiesen geht es hinauf ins hintere Alpeiltal wo uns dann auch die Sonne erreicht. Im lieblichen Kratzerkar gehen wir nach Westen und steigen auf den Kratzersattel. Dort führt ein heikler Steig hinunter - es ist aber besser ein paar Meter nach rechts aufzusteigen um über den oberen Kratzer den oberen Südwandweg zu gewinnen.

Der Steig führt uns immer im Wechselspiel zwischen Rücken und Rinne hinauf und hinab. Die Querung der Rinnen ist oft nicht einfach. Oft sind Drahtseile oder Ketten vorhanden, die aber nicht immer im besten Zustand sind. Der Steig ist aber immer gut markiert.

Bevor wir die Lust verlieren, sind wir dann um den Maldongrat herum und gelangen zum Wanderweg in Richtung Steinjöchle. Von hier aus ists nicht mehr weit bis zum Hahntennjoch, welches wir kurz nach 12 Uhr erreichen.


Start an der Heiterwandhütte


Heiterwandturm und Tarrentonspitz


In der Regel gut markiert


Wildes Gelände


Alpine Querungen


Bach


Kratzerkar (Panorama)


Am Kratzer - Blick zum Hahntennjoch


Wildes Gelände


Schluss





Fazit:

Die Heiterwand-Überschreitung ist eine schöne Tour, wenn man seilfrei den 3ten Grat im Auf- und Abstieg bewältigen kann. Gehen am gleitenden Seil ist in diesem Gelände in der Regel nicht möglich. Fixpunktsicherung scheidet aufgrund des Zeitbedarfs und fehlender Sicherungsmöglichkeiten sowieso aus. Einzelne Abseilstellen erleichtern die Abstiege. Ein Seil (40m sollte reichen) und Reepschnur zum Einrichten von Abseilständen müssen mitgenommen werden. Sonstige mobile Sicherungsmittel wie Keile und Friends sind eigentlich nicht notwendig.

Die Tour darf auf keinen Fall in ihrer Länge und Schwierigkeit unterschätzt werden. Sichere Wetterverhältnisse sind notwendig. Die Notabstiege von der Steinmannlwand ins Kratzerkar oder von der Tarrenzer Scharte stellen keine echte Option dar - es ist wahrscheinlich sinnvoller die Tour bis zum Ende zu gehen.

Die Tour kann von den Kletterschwierigkeiten gut auch von West nach Ost gegangen werden. Es sollte jedoch genügend Zeitreserve zur Verfügung stehen, da bei dieser Variante der Abstieg zur Heiterwandhütte im Dunkeln nicht leicht zu finden ist.

Der Südwandsteig ist ein toller Weg in wildem Gelände. Auch hier dürfen die Schwierigkeiten nicht unterschätzt werden (T5). Die vielen, oft etwas heiklen Querungen der Steilrinnen sind nicht ohne Risiko und auch steinschlaggefährdet.

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