Zinalrothorn Südostgrat – 12-13.10.2008

Teilnehmer/innen: Ansgar und Erik (Bericht)

Anfang Oktober hält sich im Alpenraum eine stabile Hochdruckwetterlage die die Null-Grad-Grenze über 3500 m ansteigen lässt. Im Wallis sind zudem im September relativ geringe Niederschläge gefallen so dass die Verhältnisse für einen 4000er mit Kraxeleinlagen doch noch gut sein sollten. Anfang Oktober findet sich zudem ein interessanter Eintrag übers Horu via Hörnligrat und so ist der Entschluss dann doch gefasst: Ein Versuch am Zinalrothorn wird gemacht. Aber leider gibt’s auch hier enge Terminrahmen so dass uns nur 2 Tage zur Verfügung stehen.

Sonntag, 12.10.2008 - Anfahrt und Hüttenaufstieg

Aufgrund der unbestimmbaren Rückfahrzeit – letzte Rückfahrt ab Zermatt um 19 Uhr – entschliessen wir uns mal wieder fürs Auto statt die wunderbare Zugverbindung durch den neuen Basistunnel zu nutzen. Morgens um 5 Uhr geht’s los und mit Umstieg in Sankt Niklaus ins Bähnli sind wir kurz vor 11 Uhr in Zermatt. Im Aufstieg studieren wir ausführlich die Schneeverhältnisse an den Bergen aussenrum. Nordseitig liegt schon ab 2500 m Schnee. Südseitig sind die Flanken deutlich sauberer. Und insgesamt natürlich liegt deutlich weniger Schnee als im Norden – das war aber auch schon vorher klar. Der Rothorngletscher – man kann ihn schon ab dem Hotel Trift gut sehen – ist im unteren Bereich aper. Die Süd-Ost-Flanke darüber mit dem ersten Schneefeld darin ist auch ziemlich schneefrei. Also alles im grünen Bereich – zumindestens was wir von hier aus sehen können.


Wellenkuppe und Dent Blanche


Winterhütte - ganz prima


s' Horu guckt heraus

Die 1600 Höhenmeter sind dann auch schnell geschafft und wir vertreiben uns die Zeit mit Teekochen und Essen machen. Der Winterraum der Rothornhütte entpuppt sich als extra Winterhütte. Der Gasvorrat ist großzügig so dass der vorsorglich mitgebrachte Kocher unbenutzt bleiben kann. Die Winterhütte hat keine Heizung was aber in Anbetracht der üblichen Nutzung – im Hochwinter geht man hier wohl eher nicht hin – kein Problem sein sollte. Zudem gibt es kuschelige Flies-Schlafsäcke.

Das Wetter ist leider nicht so wie wir uns das gewünscht haben, es ziehen Wolkenfelder herauf so dass die Sonne sich zum Teil ganz schön versteckt. Aber der Wetterbericht spricht von guten Verhältnissen für den Montag.

Montag, 13.10.2008 Zinalrothorn Südostgrat

Um halb fünf Uhr stehen wir auf und verlassen nach einer gemütlichen Startphase um halb sechs die Hütte. Sehr angenehm so ganz ohne den üblichen Hütten-Rummel. Die Temperaturen sind trotz zum Teil klarer Nacht immer noch angenehm, es muss an der Hütte über 0 Grad haben. Leider haben wir noch Vollmond der noch vor dem Aufstehen hinter den Bergen verschwindet so dass wir bis zum Morgengrauen das dunkelste Stück Nacht vor uns haben. Auf Steigspuren – zuerst deutlich dann immer spärlicher werdend – tapern wir über Geröll bis zum Gletscher. Nun gilt es das „Wasserloch“ zu finden was sich aber als nicht ganz schwierig entpuppt – nur einmal vorbeilaufen um weiter oben zu gucken obs da noch eine andere Möglichkeit gibt. Es ist wie im Führer beschrieben ein Kamin an einem unscheinbaren Lawinenkegel genau dort wo „...die Felsmauer einen kleinen Vorsprung nach E aussendet“. Letzte Gewissheit verschafft eine Sony-Batterie zu unseren Füssen.

Hinauf geht’s leicht (oben ein Steinmann) und gleich auf das Band zu einer ersten Rinne, dann wieder über ein Band zur nächsten Rinne und schon stehen wir auf dem Schuttband welches oben in Schnee übergeht. Oben gibt’s dann wieder ab und zu einen Steinmann. Die Felsbarierre sieht im Dämmerlicht zuerst sehr unzugänglich aus ist aber über mehrere Bänder leicht anzugehen. Wir entscheiden uns für eines und werden oben wiederum von einem Steinmann belohnt. Auf dem Frühstücksplatz ists dann auch richtig hell. Weiter hinauf über den breiten Gratausläufer und über das Schneefeld in eine etwas steileren Traverse auf den Rücken der sich vom Grat zum Punkt 3761 herunterzieht. Von hier aus können wir gut die Südflanke mit dem Couloir einsehen – es ist alles ziemlich trocken. Am Grat können wir auf den flacheren Gratbereichen Schnee erkennen aber die steileren Partien sehen – soweit man sie von Süden aus sehen kann gut aus.

Nun gehen wir auf den Grat hinauf und dort weiter, zuerst links vom Grat (Wächten), später rechts bzw. auf der Gratschneide bis zum Beginn des Felsteiles. Das Spuren ist zum Teil anstrengend, auf dem Firngrat schmilzt der Schnee halt doch nicht gut aber zum Glück ists nicht weit. Die Sonne hat zwischenzeitlich mal den Versuch gemacht zu scheinen. Aber bis auf ein kurzen Moment -gerade ausreichend fürs Foto- versteckt sie sich wieder und es frischt mit dem Wind doch etwas auf. Nun – da hat uns der Wetterbericht aber mehr Hoffnungen gemacht.


Rothorngrat im Profil - mit der Gabel im oberen Drittel


Matterhorn, Obergabelhorn und Dent-Blanche (für Panorama klicken)


Im Couloir - gut gefüllt mit Trittfirn

Nach kurzer Pause –mit dem Auspacken der dicken Handschuhe und Anziehen von mehr Klamotten- geht’s in die Felsen hinein. Das erste Gratstück ist mit etwas Kraxelei leicht zu erklimmen. Wir gehen dann immer den Grat weiter bis wir auf die im Führer beschriebene ca. 2m hohe Barierre erreichen. Von dort geht’s über ein Band bis hin zum „Eisloch“. In diesem hängt im unteren Teil ein Fixseil, der obere Bereich ist mit Kraxelei zu schaffen. Das Couloir ist gut mit Trittfirn gefüllt und alles ist bockelfest so dass wir uns entscheiden direkt im Couloir aufzusteigen statt auf die linken Begrenzungsfelsen zu gehen. Bis auf die Umgehung eines im Couloir liegenden Blockes können wir vollständig im Firn steigen so daß wir tatsächlich in den im Führer beschriebenen Zeitlimit von 3,5 Stunden an der Gabel sind.

Hier ist Vesperpause angesagt und wir ziehen die Steigeisen aus. Von der Gabel geht es dann direkt hoch bis zu dem großen Aufschwung und den Durchschlupf nach links wo die Binerplatten anfangen. Hier nehmen wir zum Glück das Seil heraus da an der Rippe links von den Binerplatten einiges an Eis befindet. Mit etwas Herumgeiere kommen wir auch ohne Steigeisen hinauf zu den Eisenstangen. Dort wird das Seil wieder eingepackt und es geht unschwierig zuerst links um den Grataufschwung und rechts herum an der Kanzel vorbei. Inzwischen hats zum Erschrecken noch ein paar Mini-Flocken geschneit, kurz danach ist das Wetter aber endlich deutlich besser geworden.

Nun noch über ein luftiges Gratstück und einen Absatz hinunter und nach ein paar Metern hinauf stehen wir auf dem Gipfel. Es ist inzwischen schon nach 11 Uhr – es ist doch erstaunlich wieviel Zeit durch anderthalb Seillängen und etwas Eis verloren geht. Abr was solls – in der Zwischenzeit ist uns auch wieder warm geworden und die Sonne scheint schön warm. Das Panorama ist dank der Wolken leider nicht so grandios wie erhofft – aber was solls. Immerhin haben wir Matterhorn&Co noch nicht aus diesem Blickwinkel zu sehen bekommen.


Letztes Stück – kurz vor der Kanzel


Oben....


Gipfelpanorama – von Weisshorn bis Dent Blanche

Nach obligatorischem Gipfelfoto gehts wieder hinunter. Am obersten Eisenstift oberhalb der Binerplatten geht’s per Abseilen hinunter. An einem dubiosen Schlingenkuddelmuddel an einem Zacken ist Zwischenstand zu machen und schon sind wir wieder am Fenster unterhalb der Binerplatten. Von hier in einer weiteren Seillänge hinunter an die Gabel. Das Couloir hinab ist dank dem 60m Halbseil in zwei Abseilstrecken auch fast komplett zu schaffen. Nun ohne Seil weiter ins Eisloch per Abklettern und am Fixseil. Dann über das Bändchen hinüber zum Grat und hinab zum ersten Gratstück. Hier ganz kommod noch einmal ein paar Meter abseilen und wir stehen wieder am Einstieg. Insgesamt war der Abstieg kein Problem – aber etwas macht der im unteren Bereich schon recht weiche Schnee zu schaffen und zwingt zur Vorsicht.


Im Abstieg kurz vor der Kanzel


Blick hinunter auf den Südostgrat


Abseilen zur Gabel hinunter

Der restliche Rückweg ist nicht ganz so mühsam wie befürchtet, nur die letzen Meter am Gletscherende im losen Geröll ist ein fürchterliches Gestolpere. Aber dann gibt’s wieder die Steigspuren bis zur Hütte. An der Hütte wird noch Klarschiff gemacht und Tee gekocht. Gegen halb fünf gehen wir los und lassen es bis Zermatt hinunter laufen so dass wir kurz nach halb sieben mit rauchenden Fussohlen am Bahnhof sind. Dank internationaler Beschriftung (auch in japanisch) finden wir unseren Zug nach Sankt Niklaus der um viertel nach sieben abfährt und schon bald sitzen wir im Auto in Richtung Karlsruhe. Vom Rest braucht man nicht zu reden – jede/r NichtschweitzerIn kennt das Problem der langen Fahrtstrecken.


Auf dem flachen Grat mit Blick auf Nordend, Dufourspitze und Lyskamm


Das Wasserloch – zum Einprägen damit man nicht lange rumtapern muss


Hoher Einsamkeitsfaktor um die Jahreszeit – das einzige andere größere Lebewesen im Gebiet.

Fazit: Tatsächlich ist der SO-Grat einer der „...schönsten Normalaufstiege auf einen Viertausender“ und aufgrund des jahreszeitlich bedingten erhöhten Einsamkeitsfaktors auch mit Spannung verbunden. Aber auf der anderen Seite konnte man so sicher sein dass einem niemand was auf den Kopf schmeisst und das man das auch niemand anderem antut. Und einen von den hier wohl manchmal üblichen Staus gabs auch keinen – bis auf einen Steinbock haben wir kein größeres zwei- oder vierbeiniges Tier im Gebiet gesehen. Eine Übernachtung im Winterraum ist auch immer ganz nett und ruhig. Klettermäßig waren am Grat ganz gute Verhältnisse - bis auf das kurze eisige Stück war alles ganz kommod. Trotz der hohen Null-Grad-Grenze (zeitweilig ging sie an die 4000m hoch darf man aber nicht vernachlässigen dass es halt schon tief im Herbst ist, wärmere Kleidung und entsprechende Reserve ist angesagt. Aber eigentlich darf man die Modeberge wirklich nur ausserhalb der Saison machen...

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