Haute-Route Chamonix – Saas Fee – 30.03 - 07.04.2007

Teilnehmer/innen: Uta, Alex und Erik (Bericht)

Die Gedanken, über Ostern was „Großes“ zu machen spuken bei Alex und Erik schon ein paar Wochen vorher im Kopf herum. Auch Uta, die mit Erik im Haslital war hatte sich schon ein Buch über das gleiche Thema besorgt. Martin wollte ursprünglich auch mit, musste aber aus familiären Gründen absagen. Auch Anja konnte leider wegen unklarer Prüfungstermine nicht mit. Anhand der Literatur entschieden wir uns für die „klassische“ Variante – von Argentiere bei Chamonix südlich am Grand Combin vorbei über Zermatt ins Saas-Tal. Aus Termingründen kam nur die Woche vor Ostern in Frage was sich dann auch als Glücksgriff herausstellte. Über die Feiertage wären die Hütten noch viel voller gewesen.

Uta reservierte flugs alle Hütten und die letzte Woche vor der Tour verbrachten wir drei dann mit aufmerksamem Studium von Wetter- und Lawinenlage. Beides sah ganz gut aus, trotz Mittelmeertief und Tief über den britischen Inseln sollte die Situation in der Westschweiz nicht schlecht sein. Es sollte aber die nächsten Tage etwas Aprilwetter geben. Etwas Bedenken macht uns noch das DAV-Bergwetter mit zu erwartenden 40cm Neuschnee im Mont-Blanc-Gebiet am Freitag abend. Aber im Laufe des Freitag verbessert sich auch diese Vorhersage. Die Lawinenlage ist mit einer 2 angesagt – insgesamt günstige Tourenverhältnisse.

1. Tag, 30.03.2007 – Anfahrt nach Martigny

Da Alex Freitag nachmittags noch bis 15 Uhr unterrichten muss entscheiden wir uns für eine späte Abfahrt um 17 Uhr in Karlsruhe mit Zwischenübernachtung in Martigny. Es geht gleich los mit dem Stress – der Zug hat 25 Minuten Verspätung und wir haben in Basel nur 16 Minuten Umsteigezeit. Na ja – zu Sicherheit gibt’s noch einen Zug eine Stunde später. Aber siehe da – bis nach Basel SBB haben wir 10 Minuten aufgeholt und erreichen in einem Skistiefel-Spurt den Anschlusszug. Etwas ruhiger geht es dann weiter und um 22 Uhr sind wir in Martigny wo wir auch schnell unser Hotel in Bahnhofsnähe finden.

2. Tag, 31.03.2007 – Anfahrt nach Argentiere und dann über Aiguille des Grands Montets zur Cabanne du Trient

Nach einer ruhigen Nacht wird noch ein letztes Mal geduscht und morgens um halb acht geht es mit der Zahnradbahn in Richtung Chamonix weiter. Mit einmal Umsteigen von der sauberen Schweizer Zahnradbahn in einen etwas gammeligen französischen Zug kommen wir kurz vor 9 Uhr in Argentiere an.

Zum Lift finden wir leicht, man muss einfach nur den Skistiefeln hinterher gehen. Die Luft in der Seilbahn ist dann etwas streng mit den Düften aus dem gestrigen Apres-Ski angereichert aber die Fahrt ist ja auch nur kurz. Mit einigen anderen TourengeherInnen stehen wir auf der Aiguille des Grands Montets wo wir nach etwas Kruschteln die erste Abfahrt auf den Glacier d'Argentiere antreten. Die ersten 700 Meter Abfahrt in schönem, zum Teil noch unverspurtem Pulver sind ein toller Beginn. Erik stellt fest dass er mit den neuen Ski plötzlich Skifahren kann und ist ganz begeistert.


Auf der Aiguille des Grands Montets


Abfahrt auf den Glacier d'Argentiere


Blick zurück auf die Aiguille Verte und Les Droites

Vom Glacier d'Argentiere aus reihen wir uns dann in die Kette von TourengeherInnen in Richtung Col du Chardonnet ein. Über zwei steilere Stellen geht es dann in 800 Höhenmetern auf den Pass. Der nordseitige Abstieg vom Col du Chardonnet ist eine ca. 50° steile, schneegefüllte Rinne auf den Glacier de Saleina die wir nach etwas längerem Anstehen mit Ablassen und Abklettern überwinden. Kurz nach dem Abstieg geht vor uns eine Eislawine aus der Nordflanke der Aiguille d'Argentiere nieder die uns ermahnt Achtzugeben und Distanz zu halten. Aber wir müssen uns sowieso nach Nordosten orientieren. Inzwischen ist es auch neblig zugezogen und wir orientieren uns anhand von Felsformationen in Richtung Fenetre de Saleina. Das Fenetre ist ein leichter Übergang zum Plateau du Trient.

Aufgrund der doch fortgeschrittenen Zeit und der schlechten Sicht verzichten wir auf den Aufstieg zum Pointe Fourche und queren etwas mühsam flach zur Cabane de Trient. Zwischendurch macht Uta an einer harten Welle im Firn einen kleinen Überschlag was jedoch nur an ihrem alten Rucksack einen bleibenden Schaden hinterlässt. Die paar Meter Gegenanstieg zur Cabane de Trient sind schnell aufgestiegen und schon sind wir an der ersten Etappe angekommen.


Abstieg vom Col du Chardonnet


Kartenstudium mit Aiguille du Tour


Auf dem Plateau de Trient, mit Pointe Fourche und Tete Blanche

Auf der Hütte treffen wir auch einige andere Haute-Route GeherInnen – zum Beispiel Steven mit seiner englischen Gruppe die wir später wiedertreffen werden. Zum Abendessen gibt es Kartoffelbrei mit Braten – diese Speise wird uns noch länger im Gedächtnis bleiben wie sich im Verlauf der Tour zeigen wird.

3. Tag, 01.04.2007 von der Cabane du Trient Abfahrt nach Champex, mit Bus nach Bourg St. Pierre und Anstieg zur Cabane de Valsorey

Morgens kurze Abfahrt und Anstieg zum Fenetre des Ecandies was wir uns anhand genauerer Lektüre des Führers hätten sparen können. Bei ausreichender Schneeauflage auf dem Glacier du Trient ist es nämlich besser zum Col des Ecandies abzufahren anstatt den mühsamen Fussabstieg durch das Fenetre auf sich zu nehmen.


Start von der Cabane de Trient


Blick durch das Fenetre des Ecandies


Bequemer ist der Col des Ecandies

Zum Glück sehen wir unten die Engländergruppe queren und entscheiden uns für eine Kurskorrektur. Die Abfahrt bis zum Col ist recht steil und gut zu fahren. Anschliessend geht es dann über eine sehr schöne Abfahrt ins Val d'Arpette bis hinunter nach Champex zum Ende des Sees.

Dort sehen wir anhand des Busfahrplans dass es doch eine frühere Bus-Abfahrt als die über SBB recherchierte gegeben hätte – nämlich schon um 08.20 Uhr. Eine konkrete Anfrage beim Hüttenwart hätte uns sicher die richtige Information gegeben. Der 24h-Taxi-Service ist am Sonntagmorgen wohl gerade in der Kirche und so steigen wir zügig die 450 Höhenmeter nach Orsieres ab. Das Hotel am Bahnhof ist so freundlich uns ein Taxi zu rufen und so sind wir zügig in Bourg St. Pierre anstatt 1,5 Stunden am Bahnhof auf den Bus zu warten.

Der Anstieg zur Cabane de Valsorey ist anfangs weitgehend ausgeapert und die Südhänge bis weit oben schneefrei. Die Angst vor Nassschneelawinen wäre wohl durch gründlicheres Nachdenken im Vorfeld relativiert worden. Vor uns versucht sich eine Gruppe sehr mühsam in einem Steilstück des Sommerwegs westlich des Baches. Wir wechseln lieber auf die andere Seite und steigen bequem in ein flaches Tal auf. Von dort geht es dann über eine interessante Rinne mit Bachlauf in Richtung Osten weiter. Der eigentliche Hüttenanstieg ist dann sehr mühsam – mehr als 400 Höhenmeter über einen Südwesthang mit der Hütte in Sichtweite. Alle paar Minuten ists mal heiß und wieder kalt. Uta legt den Turbo ein, Alex machte den mp3-Player an und wir ziehen an einigen Gruppen vorbei zur Hütte. Wir lehnen das Angebot des lustigen Stephane ab, seine ihm wohl zu schweren Steigeisen zu kaufen. Kurz vor der Hütte gibt es dann noch eine riskante Querung über der Fäkaliengrube.

Die Cabane de Valsorey ist sehr klein und von zwei sehr netten Hüttenwirten ausgestattet. Wir genießen das zweite Mal unser Abendessen (Kartoffelbrei mit Fleisch) mit einer sehr netten Schweizer Gruppe und gehen frühzeitig ins Bett. Ohne viel Überlegen wollen wir den Grand Combin links liegen lassen – dieser Berg ist einfach zu schwer für uns.

4. Tag, 02.04.2007 Übergang unterhalb des Grand Combin, Tete de By und Wechsel zur Cabane de Chanrion

Da wir den nicht einfachen Aufstieg zum Plateau de Couloir lieber an der Spitze der Karawane machen wollen legen wir morgens etwas Tempo vor und sind auch die Ersten die losgehen. Zuerst geht es über mäßig steile Hänge aufwärts. Als es beginnt aufzusteilen verliert Alex ihr Harscheisen und muss über 50 Höhenmeter unter heftigem Fluchen abfahren (Dabei sollte sie noch froh gewesen sein dass das Ding unten liegen blieb anstatt verlorenzugehen). Mit viel Wut im Bauch und vielen Schimpfworten schafft Alex es dann auch noch vor den anderen Gruppen wieder bei uns zu sein – nur die netten Schweizer sind an uns vorbeigezogen was sich aber noch als Glücksfall herausstellen sollte.

Die drei spuren nämlich die Hälfte des 45° steilen Hanges bevor sie nach links zum Col de Meitin abschwenken. Ab da wird der Schnee auch tiefer und es ist sehr anstrengend zu spuren. Es ist gut dass sich nach einer Weile der Hang zurücklegt und wir die Ski wieder anlegen können. Mit den Ski geht es deutlich leichter – für uns ist es zuerst nicht ganz nachvollziehbar wieso die meisten Anderen zu Fuss weiterstapfen. Es muss wohl an der mangelnden Spitzkehrentechnik liegen was sich an einigen anderen Aufstiegen im Verlauf der Tour bestätigen sollte.

Die letzten Meter müssen dann wieder zu Fuss in tiefem Schnee gemacht werden – wir stapfen auf dem Plateau de Couloir in die Morgensonne. Der Montblanc hüllt sich etwas in Wolken aber der Mont Velan bietet mit sichtbarere Aufstiegsspur ein prächtiges Panorama. Über uns sehen wir den langen Südgrat zum Grand Combin hinauf. Vielleicht kommen wir ja einmal im Sommer hierher.


Von der Cabane Valsorey, am Plateau de Couloir Morgenrot


Mont Velan


Ab hier wieder ein Stück auf Ski

Nach kurzer Rast fahren wir über einen schön steilen ostseitigen Hang auf den Glacier de Sonardon ab. Mit kurzem Gegenanstieg zum Col de Sonardon. Von dort bietet sich eine Querung zum Grand Tete de By (3587m) an. Dieser präsentiert sich mit einer prächtigen Aussicht von Weisshorn, Matterhorn bis Monte Rosa als toller Aussichtsberg. Diese Berge wollen wir in den nächsten Tagen erreichen und mit der Besteigung der Duforspitze die Tour krönen. Mal sehen obs klappt.

Die Abfahrt ist dann auch sehr schön. Wir treffen zuerst die richtige Entscheidung möglichst weit den Glacier du Mont Durand abzufahren und dann über den Grat des Mont Avril auf die andere Seite zu wechseln. Noch besser ist die Abfahrt über die steilen Hänge des Grand Charmotane bis hinunter zum Bach anstatt einer langen Traversierung nach Osten. Die paar Meter zusätzlicher Anstieg wiegen die schöne Abfahrt nicht auf.


Auf dem Grand Tete de By


Blick auf Matterhorn und Monte Rosa


Super Abfahrt statt traversieren

Schnell sind wir zur Cabane de Chanrion aufgestiegen wir dann das dritte Mal unser Abendessen (Kartoffelbrei mit Fleisch) genießen. Da für den nächsten Tag nachmittags schlechteres Wetter angesagt ist wollen wir am nächsten Morgen früh aufbrechen was bei den Kindern des Hüttenwirts verständliches Mißfallen auslöst.

5. Tag, 03.04.2007 Über Pigne d'Arolla zur Cabane de Vignettes

Morgens sind wir dann doch nicht ganz allein so früh beim Frühstücken und Aufbruch. Wir laufen zügig los und entscheiden uns dann relativ spontan nicht links neben dem Bruch des Glacier du Brenay aufzusteigen sondern über Les Portons in den oberen Bereich des Glacier du Brenay zu gelangen. Der Himmel fängt an sich zuzuziehen und es fängt schnell an zu schneien.

Utas Laune ist am Tiefpunkt – sie ärgert sich über die eingeschlagene Wegvariante und wohl auch über das schlechte Wetter. Am Pointe de Portons ziehen wir vorbei in Richtung Col Nord des Portons. Kurz unterhalb des Cols holen uns Walter und Stefan ein die uns nach dem aktuellen Aufenthaltsort fragen was bei uns etwas Verwunderung auslöst. Die zwei werden mit uns in den nächsten Tagen öfters zusammentreffen und für Gesprächsstoff sorgen.

Die letzten Meter auf den Col geht es zu Fuss mit Steigeisen und Pickel über eine kurze vereiste Stelle. Erik sichert Uta von oben zur moralischen Stärkung. Kaum sind wir auf dem Col fängt es an aufzuklaren und es wird richtig schönes Wetter so dass sich auch Utas Laune deutlich bessert. Anschliessend geht es dann über eine kurze Abfahrt auf den Glacier du Brenay wo wir eine Gruppe mit Bergführer treffen der uns bestätigt dass wir die skitouristisch beste Route gegangen seien.


Richtung Col des Portons


Auf dem Col des Portons – Laune am Tiefpunkt


Nach der Kraxelei wird das Wetter besser

Der anschliessende Aufstieg zum Pigne d'Arolla ist doch noch ein ganz schöner Hatsch. Wir schaffen es gerade noch oben anzukommen bevor der Gipfel wieder zuzieht. Eine längere Pause verbringen wir mit Schneefall bei Bruthitze auf dem Gipfel. Irgendwann - die nachfolgenden Gruppen nähern sich zwischenzeitlich auch dem Gipfel - entschliessen wir uns dann doch zur Abfahrt was dann doch zur Stocherei im Nebel mit Kompaß wird. Die Cabane de Vignettes ist auf dem gleichnamigen Col dann aber trotzdem schnell gefunden.


Hatsch in Richtung Pigne d'Arolla


Auf der Pigne d'Arolla – warm mit Schneefall


Auf der Pigne d'Arolla – warm mit Schneefall

Inzwischen schneit es ganz tüchtig und es hat ziemlich zugezogen. Wir machen uns etwas Sorgen wegen einer Gruppe (Vater und Tochter) die noch nicht eingetroffen sind. Die zwei stochern trotz GPS einige Zeit im Nebel herum schaffen es aber dann doch noch bis zum Abendessen die Hütte zu finden.

Zu essen gibt es abends dann wieder Kartoffelbrei mit Fleischvariation (das vierte Mal). Gespannt erwarten alle Gruppen den Wetterbericht der dann schlussendlich nicht so schlimm ausfällt wie befürchtet. Es soll vormittags Aufhellungen geben und ab Mittags schön werden. Auch SLF sagt keine gravierende Zunahme der Lawinengefahr voraus. Die Folgetage soll das Wetter ganz prächtig werden.

Wir entschliessen uns daraufhin, am nächsten Tag aufzubrechen und uns an Steven mit seiner Gruppe zu halten die wir schon auf der Cabane du Trient getroffen haben und die bis hierher die nördliche Variante über Verbier gewählt haben. Steven ist die Strecke schon mehrmals gegangen. Schade ist natürlich dass ausgerechnet die „Königsetappe“ verhagelt sein soll aber wir hoffen auf besseres Wetter während des Tages.

Aufgrund der schlechten geruchlichen Lage und des starken Wunsches nach Körperpflege wollen wir am nächsten Tag nicht auf der Schönbielhütte bleiben sondern nach Zermatt abzufahren. Gott sei dank gibt es auf der Hubschrauberplattform der Hütte guten Handyempfang und so können wir uns im Hotel Weisshorn anmelden welches uns ein Bergführer unterwegs empfohlen hat.

6. Tag 04.04.2007 Königsetappe: Von der Cabane de Vignette über Col de l'Eveque, Col Collon, Col du Mont Brule und Col de Valpelline nach Zermatt

Der Aufbruch morgens gestaltet sich etwas chaotisch – wie von Steven vorausgesagt. Alle Gruppen warten dass jemand vorausgeht und sobald die vorderste Gruppe pausiert strömen alle langsameren Gruppen von hinten um vorne auch anzuhalten. Im Aufstieg vollzieht sich der umgekehrte Vorgang. Es dauert eine Weile bis wir uns auf die Situation eingestellt haben und Steven und Mark von der englischen Gruppe zumindestens einen Teil der Spurarbeit abnehmen.

Die eigentliche Wegfindung ist an diesem Tag gar nicht so schwierig. Die Sicht ist überwiegend nicht ganz so schlecht so dass man sich an den Felsformationen und mittels Kompass und Höhenmesser eigentlich gut orientieren kann. Zuerst geht es auf den Glacier du Mont Collon wo wir ein nettes Beispiel des Herdentriebes erleben können. Mark und Steven entscheiden sich an einer Schneebrücke, angeseilt voranzugehen. Kaum sind sie über die einzig heikle Stelle gegangen stehen plötzlich an die 10 Personen auf einmal auf der Brücke und drängen vor. Wir selbst verspüren in diesem Moment keinen Vorwärtsdrang und schütteln nur den Kopf.

Es geht dann auf den Col de l'Eveque und von dort über den Col Collon auf den Glacier d'Arolla. Unterhalb der Felsen von la Vierge geht es dann ostseitig auf den Col du Mont Brulé zu. Dieser ist verhältnismäßig leicht zu finden, es ist der tiefste Punkt im Grat. Der Col ist unter dem Gesichtspunkt der Lawinengefahr der heikelste Punkt dieses Tages da zum Teil fast 40° steil. Zwischenzeitlich ist auch deutlich mehr Schnee als erwartet gefallen – schätzungsweise ca. 30 cm lockerer Pulverschnee liegen auf einem festen Untergrund. Aufgrund des lockeren, ohne nennenswerten Windeinfluß gefallenen Schnees neigen wir dazu die Einschätzung von Mark und Steven zu teilen und den Hang zu gehen. Einige Leute aus der englischen Gruppe sind aufgrund von Schwierigkeiten in den Spitzkehren etwas langsamer so dass wir die nachdrängenden Gruppen laut um die Einhaltung von Sicherheitsabständen bitten müssen. Insgesamt eine sehr unschöne Situation. Auch wird deutlich dass es bei vielen TourengeherInnen an der notwendigen Technik mangelt.

Anschliessend geht es mit einer kurzen Abfahrt in einem großen Rechtsbogen auf den Col de Valpelline zu. Einen Teil des anstrengenden Hatsches quer über den Glacier Tsan Tsan gehen wir vorneweg. Den Schlussanstieg spurt Mark dann in einem durch und ist nicht einzuholen. Auf dem Col de Valpelline verschlechtert sich die Sicht noch einmal. Die Abfahrt durch den spaltenreichen Stocki-Gletscher macht uns Sorgen und wieder sind wir froh dass Mark und Steven angeseilt vorausfahren.


Auf dem Col du Mont Brule


Querung über den Glacier Tsan Tsan


Der Gletscher ist zudem ohne sichtbare Felsformationen was die Orientierung noch mal deutlich erschwert. Mittels Kompass, Höhenmesser und Hangneigungsrichtung glauben wir zumindestens immer unseren Standort gekannt zu haben. Irgendwann sind wir dann unter dem Stocki und dann wird die Sicht auch besser. Im Osten reisst es sogar auf und schnell sehen wir das Matterhorn und die Abfahrt nach Zermatt vor uns.

Der Rest der Abfahrt ist flach und mit etwas Geschiebe sind wir auf der Skipiste in Richtung Zermatt. Unten angekommen kaufen wir noch schnell ein und holen Erkundigungen über die Abfahrt durch den Schwärzegletscher im Alpinzentrum ein bevor wir im Hotel Weisshorn absteigen. Die Wäsche ist schnell gewaschen und auch der Lawinenlagebericht abgehört. Der Lawinenlagebericht spricht trotz des unerwartet starken Schneefalles (insgesamt waren es nach unserer Einschätzung lokal zum Teil mehr als 40 cm) immer noch von Stufe 2. Wir machen uns unsere Gedanken da der geplante Aufstieg zum Breithorn zum Teil 35° steil ist. Aber wir werden ja sehen was von dem Schnee in der Flanke liegen geblieben ist.

Den Abend verbringen wir in Socken im Restaurant Weisshorn wo wir unser Käsefondue nur unter größten Anstrengungen bis zur Kruste aufessen können.

7. Tag 05.04.2007: Von Zermatt mit der Seilbahn aufs kleine Matterhorn, aufs Breithorn und Abfahrt übers Schwarztor zur Monte Rosa Hütte

Die Nacht ist trotz Völlegefühl bei Einzelnen von uns sehr angenehm und am nächstem Morgen strahlt die Morgensonne bei wolkenlosem Himmel auf die Matterhorn-Ostwand. Das Frühstück ist super - Hotel Weisshorn ist wirklich zu empfehlen - und so stapfen wir zügig zur Seilbahn los. Kleiner Tip: Ski abends in abschliessbaren Vorrichtungen gleich an der Seilbahn lassen.

Am kleinen Matterhorn treffen wir wieder auf Walter und Stefan die auch heute die gleiche Wegstrecke wie wir haben. Der Wind weht kräftig und es ist kalt. Die Verhältnisse erscheinen uns sicher genug um aufs Breithorn zu gehen. Der Gipfelhang ist weitgehend vom Neuschnee freigeblasen. Bis zum Bergschrund gehen wir angeseilt, den Rest seilfrei. Hinter einer schnellen Schweizer Gruppe kommen wir oben an. Leider zieht es arg und es reicht gerade für ein paar Fotos.


Matterhorn – Ganz klassisch


Auf dem Breithorngrat mit Blick auf Monte Rosa


Es bläst

Die Abfahrt ist gut und wir queren unter der Roccia Nera ins Schwarztor. Die Entscheidung, den Pollux nicht mitzunehmen fällt aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht schwer – es ist schon nach zwölf Uhr. Stattdessen verbringen wir eine längere Pause im Windstillen und Warmen unterhalb des Schwarztors wo auch die Schweizer uns Gesellschaft leisten.


Rast unterm Schwarztor


Noch mal waxeln


Zöpfe unterm Pollux

Die Abfahrt über den gut zugeschneiten Schwärzegletscher ist traumhaft – trotz vieler vorhandener Spuren gibt es an vielen Stellen immer noch Platz eigene Zöpfe zu flechten. Auf den Traum folgt dann die Ernüchterung: Der Anstieg zur Monte-Rosa-Hütte ist trotz nur 300 Höhenmetern langwierig und anstrengend in der Hitze. Alex Felle stollen und erst eine Behandlung mit Sonnenöl bringt Besserung. Es ist dann schon nach 16 Uhr als wir eintreffen.

Wir treffen mit der Schweizer Gruppe die Absprache gemeinsam die Duforspitze anzugehen und falls nötig die Spurarbeit zu teilen. Wir prägen uns den Anstiegsweg ein da wir einen Teil im Dunkeln gehen werden. Die Duforspitze ist nach den Neuschneefällen noch nicht begangen worden, es sind nur einige Abfahrtsspuren vom Hubschrauberlandeplatz vorhanden.

An diesem Abend gibt es ausnahmsweise mal keinen Kartoffelbrei sondern feinen Reis mit Curryfleisch. Die Monte-Rosa-Hütte ist jedoch übernachtungsmäßig der Tiefpunkt aller Stützpunkte: Der Hüttenwirt schaffte es am ersten Abend alle 30 Gäste in ein einziges vollbesetztes Lager zu pressen und alle anderen Lager leer zu lassen. Und das sorgte bei den ungewöhnlich schmalen Schlafplätzen in dieser Hütte für eine sehr unangenehme Nacht.

8. Tag 06.04.2007: Duforspitze

Die schlechte Schlafsituation führte dann morgens dazu dass die SchweizerInnen aufgrund akuten Schlafmangels ausfielen. Wir selbst stressen uns an diesem Morgen nicht so sehr und lassen die Sache auf uns zukommen. Mit etwas Rückstand zu den anderen Gruppen gehen wir um ca. 5 Uhr los. Wir entscheiden uns dann aber nicht deren Spuren weiter nördlich auf den Monte-Rosa-Gletscher zu folgen sondern den beschriebenen Anstieg über das obere Plattje zu nehmen.

Das ist dann auch die richtige Wahl des kürzeren Weges da wir dann zeitgleich mit der schnellen Südtiroler Gruppe auf dem Plateau über dem Plättje eintreffen. Die Südtiroler sind trotz Spurarbeit sehr schnell und so können wir und zwei andere Gruppen uns darauf beschränken in gutem Tempo hinterherzugehen. Alex geht bei uns vorneweg und legt trotz nicht mehr klebender Felle ein gleichmäßiges und zügiges Tempo vor so dass die 1500 Höhenmeter bis zum Skidepot wie im Fluge vergehen. Einziges störendes Moment sind die lästigen Hubschrauberflüge die in regelmäßigen Abständen Skifahrer auf einer Höhe von über 4000m absetzen.


Matterhorn im Morgengrauen


In Richtung Skidepot


Zweiter Grataufschwung

Vom Skidepot aus geht es mit Steigeisen über Firn mit Neuschneeauflage einen ersten Grataufschwung (ca. 45° steil) empor. Anschliessend ein kurzes horizontales Gratstück mit Kraxelei über Blöcke. Der zweite Grataufschwung in Firn ist genauso steil wie der erste nur kürzer. Dann wieder etwas Blockgrat den wir seilfrei gehen. Anschliessend ca. 50 m etwas ausgesetzter Blockgrat den wir zur moralischen Stärkung zum Teil sichern. Den vorletzten, felsigen Grataufschwung geht man in einer Rinne links an (ca. 10 m hoch) . Dort hängt auch ein etwas ausgefranstes Fixseil. Nach etwas Wartezeit - die vorausgegangenen Gruppen kommen jetzt herunter - geht Alex vor und sichert Uta von oben. Im letzten, felsigen Grataufschwung hängt ein dickes Seil wie im Turnsaal. Erik klettert daran hoch und sichert Uta und Alex nach.

Und dann stehen wir um 14 Uhr wirklich am Gipfel. Nach uns kommt niemand mehr – die nachfolgenden Gruppen sind alle umgekehrt was bei den idealen Verhältnissen nicht richtig nachzuvollziehen ist. Wenn man schon so weit gekommen ist machen die paar Minuten mehr dann auch nichts aus. Das ganz besonders wenn das Wetter sicher ist und der Abend noch weit.


Vorletzter Grataufschwung


Auf dem Gipfel


Auf dem Gipfel

Bei traumhafter Sicht – keine Wolke hängt am Himmel – sind eigentlich alle Schweizer Berge zu sehen. Da die Hubschrauber schon längst nicht mehr landen herrscht eine herrliche Stille vor. Wir lassen uns aber trotz Windstille und Ruhe nicht zu einer langen Gipfelrast verleiten und steigen gegen halb drei wieder auf der gleichen Route ab.


Blick in den Silbersattel


Abstieg


Kurze Pause mit Blick nach Westen

Die beiden felsigen Aufschwünge sichern wir soweit möglich von oben, die ausgesetzten Querpartien ebenfalls. Beim Abstieg über den Schnee lassen wir uns viel Zeit – es ist keine Eile angesagt. Insgesamt sind die Verhältnisse übrigens optimal. Zwischen den Felsen liegt fester Trittfirn und von Eis ist keine Spur zu finden. Wir sind schnell zurück am Skidepot und folgen den Abfahrtsspuren zur Hütte. Trotz fortgeschrittener Tageszeit finden wir wie im Führer beschrieben größtenteils noch gute Schneeverhältnisse vor.

Unten auf der Hütte ist dann Karfreitags-Trubel angesagt. Die SchweizerInnen sind übrigens nach etwas länger Schlafen in Richtung Signalkuppe losmarschiert und kommen zeitgleich mit uns wieder an der Hütte an. Als Abendessen geniessen wir zum 5ten Mal Kartoffelbrei mit Fleischvariation. Aufgrund des Gipfelerlebnisses ist bei uns etwas die Luft raus – wir beschliessen den nächsten Tag etwas geruhsamer anzugehen.

Nach etwas Überlegen entscheiden wir uns die Tour wie geplant mit einer Abfahrt nach Saas Fee zu beenden und nicht wie kur angedacht auf den Weissgrat zu gehen und dann nach Zermatt zurückzufahren. Wir haben uns die Haute Route vorgenommen und wollen sie auch trotz unseres kleinen Motivationslochs bis zum Ende gehen.

Die Übernachtungssituation ist an diesem Tag ähnlich wie am Tag vorher. Für Erik ist es schlimmer weil diesmal kein schlankes österreichisches Ehepaar neben ihm liegt sondern zwei gestandene Schweizer Mannsbilder mit größerem Leibesumfang. Diesmal sind alle Lager bis auf ein einziges gestopft voll. Und das leere ist ganz leer. Nur Uta verbringt aus unerklärlichen Gründen eine gute Nacht.

9. Tag 07.04.2007: Über den Adlerpass nach Saas Fe

Wir lassen die erste Frühstückswelle an uns vorübergehen und verlassen so ziemlich als letzte die Hütte in Richtung Adlerpass. Gemütlich laufen wir in Richtung des Übergangs auf den oberen Teil des Gornergletscher – ein gut gangbares Stück, mit Eisen und Drahtseilen gesichert, im Felsgrat über dem See. Unmittelbar vor dem Übergang ein interessantes Bild: Jemand hat mitten auf die Spur gekackt und ein Zweiter ist mitten durchgefahren. Beides ist für uns kaum vorstellbar anhand der vielfältigen Alternativen der Wahl von Notdurftplatz und Spuranlage. Aber so sind sie halt auch, manche der Haute-Route - GeherInnen.

Weiter geht es zum Stockhornpass und in einer tollen Abfahrt auf den Findelgletscher. Den Strahlchnubel überwinden wir lieber an der üblichen Stelle direkt unter dem Grataufschwung zum Adlerhorn und legen selbst eine neue Spur anstatt einen Umweg über die weit herum geführte Spur in Kauf zu nehmen. Im Verlauf des Weges bestätigt sich die Richtigkeit der Entscheidung – der Weg ist sicher und auch deutlich schneller als die bestehende Alternative. Nur knapp verfehlen wir Walter und Stefan die sich sicherlich wieder über unsere Wegfindung Gedanken gemacht hätten.

Der Aufstieg zum Adlerpass ist zum Ende hin sehr steil und die Aufstiegsspur ist in diesem Bereich extrem ehrgeizig angelegt. Es zeigt sich auch hier dass es oft besser ist eine neue Spur zu legen als die Ski abzuschnallen und zu Fuss hochzulaufen. Auf dem Adlerpass ist dann einiges an Betrieb. Einige Leute sitzen hier und warten auf die Rückkehr ihrer TourenpartnerInnen vom Strahlhorn.

Wir stehen nun vor der Entscheidung noch eine Zwischenübernachtung in Kauf zu nehmen und das Strahlhorn zu besteigen oder am gleichen Abend noch nach Hause zu kommen. Insgesamt sind wir aber schon vorher zum Entschluss gekommen dass die Besteigung der Duforspitze sowieso alles andere in den Schatten stellt. Bevor wir doch noch ins Schwanken kommen fahren wir lieber schnell in Richtung Britanniahütte ab. Die Abfahrt ist ab hier nicht mehr so lustig – einiges an Schieben ist angesagt.

Die Abfahrtsalternative hinunter zum Mattmarkstausee wäre zwar interessant aber aufgrund der fortsgeschrittenen Tageszeit und der weit hinunterreichenden Osthänge für uns zu gefährlich. Auch zwei abfahrende Bergführer lassen uns nicht zweifeln obwohl der Weg über die Skipiste nach Saas Fee nicht gerade lockt.

Das letzte Stückchen Aufstieg zur Britanniahütte ist dann kurz aber mühsam. Die Sonnenterasse der Hütte ignorieren wir und schleichen in Richtung Egginerjoch wo wir die Piste erreichen. In der Abfahrt ist festzustellen dass es angenehmer ist auf Gletscherspalten zu achten als auf die Masse der anderen Skifahrer. Trotzdem erreichen wir mit guter Laune Saas Fee und steigen in den kostenlosen Skibus zur Post.


Da waren wir gestern


Auf dem Adlerpass


In Saas Fee

Und ab da geht alles ganz schnell – fast zu schnell: Der Bus nach Brig wird vom freundlichen Fahrkartenverkäufer für uns aufgehalten und so steigen wir mit Fahrkarten und Fahrplan ausgestattet ein. Die Zeit reicht in Brig gerade noch für einen Einkauf und schon sind wir in der Bahn Richtung Basel. Zum Glück sind nur wenige Reisende unterwegs und wir können uns ausbreiten und soweit möglich frisch machen. Um halb 8 abends sind wir in Basel wo Uta und Alex kräftig fürs Abendessen einkaufen. Kurz darauf sitzen wir in einem leeren Abteil eines ICE und können in Ruhe unsere halben Hähnchen verputzen.

Um 22 Uhr sind wir dann in Karlsruhe. Uta hat ihr Auto am Bahnhof stehen und bringt uns beide noch nach Hause. Und dann ist die großartige Tour vorbei... Zurück zur Übersicht